Als wir nach unserer anstrengenden Zeit in Laos die thailändische Grenze überqueren, freuen wir uns die ersten Tage über das viele gute Essen, die babypo-glatten Straßen und die vielen Trinkwasserautomaten in den Orten. Wir besuchen Chiang Rai und Chiang Mai, zwei Touristenattraktionen-Städte im Norden Thailands und haben Cafés, Restaurants und Tempel fast für uns alleine – das Corona-Virus hat auch hier dafür gesorgt, dass Urlaube gecancelt werden.

In Chiang Mai buchen wir noch einen halben Tag in einem Elefanten-„Altersheim“, in dem ehemalige Arbeits-, Touristen- und Zirkuselefanten wieder selbstbestimmt leben dürfen. Elefantenreiten, spazierengehen oder gemeinsames baden gibt es hier nicht und die Elefanten spazieren den ganzen Tag durch ihr Revier und machen, was sie wollen (hauptsächlich fressen). Wir freuen uns, dieses Projekt mit unserem Besuch unterstützt zu haben, denn Tourismus- und Arbeitselefanten führen teilweise ein sehr trauriges und qualvolles Leben. Am Ende füttern wir sie noch mit ein paar Bananen, um die jahrelange Gewöhnung an Menschen schleichend zurückzufahren – für uns sicher einer der Highlight-Tage unserer Tour!

Hallo Elefanti!
Hier eine Banane für dich!

Als wir die nächsten Tage weiter Richtung Süden fahren, ändert sich die Corona-Situation in Deutschland dramatisch. Für uns scheint alles weit weg zu sein, denn in Thailand haben wir bisher außer weggebliebene Touristen noch wenig davon mitbekommen. Als das Auswärtige Amt schließlich die weltweite Reisewarnung herausgibt, werden wir immer unsicherer. Stundenlang reden wir darüber und überlegen uns, dass wir auf unseren Rädern hier wahrscheinlich weniger Gefahr für uns und andere Menschen darstellen als in Deutschland. Soziale Kontakte haben wir überhaupt keine, und seit Jonas Eltern abgereist sind, haben wir keinen anderen Menschen mehr berührt. Trotzdem zehrt die Situation an unseren Nerven. Morgens nach dem Aufwachen lese ich als erstes die Nachrichten der Tagesschau. Die Grenze nach Kambodscha (wo wir eigentlich noch hin wolllten) ist für Deutsche inzwischen zu. Weil sich dort aber mit Angkor Wat das einzige Highlight befindet, das Jonas noch anschauen wollte, wollen wir es nach Rücksprache mit der kambodschanischen Botschaft doch probieren.

Aber die Entspanntheit ist weg, vor allem wenn ich Nachrichten lese. Die USA schottet sich ab, Europa schottet sich ab. Auch Malaysia, das einzige Land durch das wir wirklich noch durch müssen um nach Singapur zu kommen, schließt seine Grenzen, und zwar komplett, für zunächst zwei Wochen. Auch Singapur hat längst Einreisebeschränkungen für Ausländer erlassen und wir sind uns inzwischen fast sicher, dass wir es nicht mehr bis dorthin schaffen können. Auch wenn für uns schon immer der Weg das Ziel war, können wir es nicht fassen, dass wir das Ziel vielleicht nicht erreichen können. Wir lesen immer mehr Nachrichten, steigende Fallzahlen, geschlossene Grenzen, Länder in Quarantäne, gecancelte Flüge. Unser Plan ist es dennoch, die Situation in Thailand ein bisschen auszusitzen. Es gibt hier bislang sehr wenige Fälle und durch unsere soziale Isolation haben wir nicht das Gefühl, für andere eine Gefahr zu sein.

Aber trotzdem.

Wenn ich Nachrichten lese, steigen mir die Tränen in die Augen. Ich schwanke mehrmals am Tag zwischen „Das wird schon, dann bleiben wir einfach länger in Thailand“ und „Was machen wir hier eigentlich?“. Vor dem Virus selbst haben wir keine Angst, aber die Angst, nicht mehr heimzukommen oder einen krass teuren Flug buchen zu müssen, weil Thailand doch noch seine Maßnahmen verschärft, nimmt von Tag zu Tag zu. Und dass Thailand seine Maßnahmen verschärfen wird, davon gehen wir mit Blick auf andere Länder aus. Jeder Tag ist schwierig, weil auch einfach niemand weiß, ab wann die Lage sich langsam wieder entspannen könnte. Lohnt es sich also, noch ein paar Wochen hier zu sein bis unser Visum abläuft und dann heimzufliegen? Werden alle Tage so wie die letzten, so voller Angst, Sorgen und Tränen? Wir überlegen hin und her, gehen die Möglichkeiten durch, die wir haben.

Hierbleiben und hoffen, dass Malaysia seine Grenzen wieder öffnet? Unwahrscheinlich.

Heimfliegen und unsere Reise hier beenden, so kurz vor dem Ziel? Unvorstellbar.

Heimfliegen und dort warten, bis die Krise (einigermaßen) überwunden ist? Aber können wir das finanzieren? Drei Flüge statt nur einem. Krankenversicherung. Unsere Wohnung, in die wir eigentlich wieder einziehen wollen. Und wer weiß, ab wann man überhaupt wieder reisen kann?

Stundenlang zerbrechen wir uns den Kopf darüber, was richtig ist. Was sinnvoll ist. Und dann entscheiden wir uns, nach Hause zu fliegen, um die Reise später zu ihrem Ende zu bringen – ohne diese Unsicherheit, Sorgen und Ängste, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Wir weinen, beide. Es fühlt sich so bitter an, jahrelang haben wir gespart und geplant, über 14 000km sind wir geradelt und jetzt, auf der Schlussgeraden kommt alles so ganz anders als wir es uns je vorstellen hätten können. Nach Hause zu kommen, ohne unsere Freunde und Familien besuchen zu können. Aber niemand konnte mit so einer Situation rechnen und für uns scheint es momentan vernünftig, nach Bankgok zu fahren und unsere Reise zu pausieren. Also buchen wir unter Tränen einen Flug für den 31.3. in der Hoffnung, dass dieser dann auch fliegt. Denn letztendlich ist unsere Reise nur eine Reise, auch wenn das momentan unser ganzer Lebensinhalt ist.