Nach unseren emotional und körperlich anstrengenden letzten Wochen sind wir richtig erleichtert, als wir mit dem Zug in Hongkong ankommen. Auf uns warten ungefähr 4 Wochen ohne Fahrräder in China. In Hongkong reisen wir offiziell aus China aus und kommen tatsächlich in eine ganz andere Welt. Weil unser 45-tägiges China-Visum abgelaufen ist, sind wir schon ein paar Tage früher in Hongkong als meine Eltern. Als wir in unserem Hotel ankommen, sind wir erstmal ganz schön überwältigt. So nobel residieren wir sonst ja nicht 😉 Mein Onkel ist Pilot und hat organisiert, dass in unserem Zimmer auf uns eine Tasche voll frischer und ordentlicher Klamotten wartet – es ist ein echt schönes Gefühl, nach einem halben Jahr in den gleichen Hosen und T-Shirts ordentliche und heimische Klamotten anzuziehen. Wir genießen die nächsten beiden Tage auf dem Dachpool des Hotels, von dem aus man die Hongkonger Skyline sehen kann.

Einen Tag vor meinen Eltern kommt schließlich mein großer Bruder an, der einen anderen Flieger genommen hat. Das erste familiäre Gesicht seit 6 Monaten, das ist schön! Er hat sogar ein Restaurant für uns reserviert und so machen wir uns abends auf den Weg dorthin auf. Als wir in der Lobby ankommen, trifft uns fast der Schlag: Mein Piloten-Onkel steht mit seiner Familie vor dem Eingang! Wir sind beide überwältigt von dieser Überraschung, wir haben davon echt gar nichts geahnt!

Pure Freude 😊

Zusammen fahren wir auf Hongkong-Island und gehen gemeinsam essen. Jonas freut sich so, dass er nach 6 Monaten endlich wieder einmal jemanden hat, mit dem er ein Bier trinken kann, dass er gleich drei davon reinzischt. Um unser Wiedersehen ordentlich zu feiern, fahren wir nach dem Essen alle in eine kleine Bar, die so voll ist, dass die Birckenstock-tragende Türsteherin uns gerade noch so rein lässt. Nach ein, zwei Cocktails fahren wir in die nächste Bar, tanzen, lachen und trinken. Als wir nach der dritten Bar schließlich kaputt ins Hotel kommen, ist es für uns schon halb 6. Wir inspizieren noch den Koffer voller Essen und Ersatzteilen für uns und Jonas kann es nicht lassen, gleich mal ein paar Gummibärchen zu snacken. Als wir am nächsten Morgen/Mittag aufwachen, ist Jonas dann ziemlich blass um die Nase. Entweder waren wohl die Gummibärchen oder einer der Cocktails schlecht 😉

Während ich mit meiner Familie ein bisschen Hongkong erkunde, bleibt er den Tag über lieber im Bett liegen. Dafür ist er abends genau zur richtigen Zeit wieder fit – meine Eltern sind auch endlich da! Das Wiedersehen ist so schön, auch wenn wir alle noch ein bisschen von der letzten Nacht erschöpft sind. Trotzdem lassen wir es uns nicht nehmen, abends noch kurz in die höchste Bar Hongkongs zu fahren und im 117. Stock ein kleines Bier zu trinken. Am nächsten Tag besuchen wir alle zusammen noch den Tempel de 10 000 Buddhas, in dem wirklich über 10 000 Buddhafiguren stehen. Abends müssen wir uns wieder von meiner Tante, Onkel, Cousin und Cousine verabschieden, weil der Rückflug meines Onkels ansteht. DANKE, dass ihr da wart!

Die teuerste Bar unserer Reise bis jetzt (und wir waren mit Trekking-Schuhen dort!)

Als wir am nächsten Morgen aufwachen, ist Heiligabend! Wir ziehen vormittags erst einmal in eine Ferienwohnung um und fahren nachmittags in einen deutschsprachigen Gottesdienst mitten in Hongkong. Dort treffen wir Johanna, die schon seit ein paar Monaten beim CVJM Hongkong arbeitet. Es ist so schön, an Weihnachten so viele bekannte Gesichter um uns zu haben! Weil der Koffer meiner Mama leider nicht mit nach Hongkong gekommen ist, verschieben wir unsere Mini-Bescherung und das Weihnachtsessen auf den nächsten Tag. Da gibt es dann aber ein richtiges Festmahl: Frisches Brot (gebacken in der Mikrowelle), Butter, Marmelade und fränkisches Bratwurstgehäck. Wir haben selten so ein gutes Weihnachtsessen erlebt, denn nach so vielen Monaten ohne deutsches Essen fühlen wir uns wie im Paradies!

Die nächsten Tage verbringen wir mit Sightseeing, baden im Meer, Essen gehen (nomnom, Hongkong hat eine echt vielseitige Küche) und Karten spielen. Wir genießen die gemeinsame Zeit sehr und schwupps, ist auch schon der 31.12. Wir wissen, dass in China Silvester nicht sonderlich groß gefeiert wird – hier gibt es Chinese New Year, dass dieses Jahr am 25. Januar stattfindet. Trotzdem stoßen wir mit einem Sekt an und machen uns dann auf den Weg zur Hongkonger Wasser-Promenade. Von dort aus sieht man auf die Hongkoner Skyline, wo um 00:00 eine Feuerwerk-Licht-Show stattfindet. Da dies das einzige Feuerwerk in ganz Hongkong ist, ist es dementsprechend voll. Die Hongkonger nutzen die Versammlung auch gleich, um ein bisschen zu demonstrieren. Wir sehen große schwarze Flaggen mit einer „Free Hongkong“- Aufschrift und die Menschen schreien „Five demands – not one less“ und „Stay with Hongkong“. Vor allem meine Mama fühlt sich gefangen in der Menschenmasse sehr unwohl, aber Gott sei Dank bleibt alles friedlich. Als schließlich 00:00 ist, gibt es eine kurze Lichtshow mit ein paar Feuerwerk-Effekten und Musik. So richtig beeindruckend ist es nicht und nach einer Viertelstunde ist auch alles wieder vorbei und alle gehen nach Hause.

Auch wir sind froh, nicht allzu spät ins Bett zu kommen, weil wir am nächsten Morgen noch einmal umziehen und nach Macau fahren. Macau ist der einzige Ort in ganz China, in dem Glücksspiel erlaubt ist und ist so etwas wie ein chinesisches Las Vegas. Sogar einige der Gebäude sind dem Strip von Las Vegas nachgebaut (nur ein bisschen größer). Wir verbringen dort noch einmal zwei Tage, schauen die portugiesisch angehauchte Altstadt an (Macau war einmal portugiesische Provinz), gehen gut essen und schlendern durch die Casinos. Es ist verrückt zu sehen, wie viel Geld Menschen dort auf einen Schlag verlieren und allzu lange können wir uns das auch nicht anschauen. Wir freuen uns stattdessen über unser schönes Hotel, gehen in die Badewanne und den Whirlpool und fragen uns, ob wir wohl jemals wieder in unserem Zelt schlafen können 😀

Als wir uns am nächsten Tag von meinen Eltern verabschieden müssen, fließen bei uns beiden die Tränen. Der Abschied ist eigentlich noch schlimmer als bei unserer Abfahrt und wir können uns in dem Moment gar nicht vorstellen, wieder mit den Rädern weiterzufahren. Zum Glück müssen wir das in dem Moment auch nicht. Stattdessen nehmen wir uns noch ein bisschen Zeit, um mehr von China zu erkunden. Mit einem Nachtzug fahren wir nach Shanghai, und haben uns diesmal sogar Schlafplätze gegönnt. Von Nächten auf harten Sitzen in chinesischen Zügen haben wir nämlich schon genug für unser restliches Leben.