Es ist Wahnsinn: die Türkei hat nicht nur eine super schöne Küste (die wir bei diversen Türkei-Pauschalurlauben schon kennen gelernt haben), sondern auch ein wunderbar sehenswertes Festland. Als wir Ankara verlassen, beschließen wir spontan, einen Abstecher über einen Salzsee (Tuz Gölü) zu machen. An diesem See wird 70% des türkischen Salzes produziert. Im Sommer ist dieser See zu weiten Teilen ausgetrocknet und deshalb begehbar. Wären wir zwei Wochen früher dort gewesen, hätte sich noch ein bisschen Wasser auf dem Salz befunden. Aber bei uns war er schon komplett kristallisiert und so konnten wir unsere Räder auf ihm herumschieben und die weiße Weite genießen. Von oben betrachtet sah das Salz sogar rosafarben aus, so wie man es zB. von Himalaya-Salz kennt.

In den kommenden Wochen bewegen wir uns fast ausschließlich auf über 1000 Meter Höhe – wir sind inzwischen also wahrscheinlich ganz legal Blut-gedoped 😉 Unser Weg führt uns vom Salzsee in Richtung Kappadokien – eines der bekanntesten Gebiete im Inneren der Türkei. Der Weg dorthin ist (wie eigentlich alles seit der Grenze) ziemlich bergig und warm. Erschwerend kommt hinzu, dass in der kargen Landschaft vor allem Disteln gut gedeihen. Eine Sorte hat dabei so spitze Dornen, dass sie einfach durch unsere dicken Mäntel durchstechen und dafür sorgen, dass beide Reifen von Jonas Rad eines schönen Morgens platt sind. Nach der Reparatur fahren wir in der Sonne weiter und sind gegen Mittag schon ziemlich ausgelaugt. Als uns schließlich 50 km vor Göreme (der heimlichen Hauptstadt Kappadokiens) eine deutsche Familie fragt, ob sie uns ein Stück im Auto mitnehmen soll, sagen wir einfach ja. Also werden kurzerhand unsere Reifen abmontiert, die beiden Kinder auf den Schoß der Mutter verfrachtet und alles ins Auto gequetscht. Dass der Kofferraum dabei nicht mehr zugeht, interessiert niemanden, denn „wir sind hier ja in der Türkei, nicht in Deutschland.“

So steigen wir 10km vor Göreme aus und genießen es wieder auf den Rädern zu sehen, wie sich die Landschaft schlagartig ändert und nun wunderlich aussehende Gesteine links und rechts der Straße in den Himmel wachsen. Als wir schließlich erschöpft in Göreme ankommen, trifft uns dort fast der Schlag. Überall sind Touristen, die in Reisebussen angekarrt werden, die Straßen sind überfüllt, die Preise sind dreimal so hoch wie sonst in der Türkei und im ganzen Dorf gibt es überhaupt kein Obst. Als wir abends die Stadt wieder verlassen, um uns einen Schlafplatz zu suchen, fahren wir erstmal inmitten vieler Autos (alle auf dem Weg um den Sonnenuntergang zu sehen) eine Straße mit zwischenzeitlich 27% Steigung hoch. Als wir dann auf eine staubige Seitenstraße einbiegen, ist es auf einmal total ruhig. Wir finden schnell einen schönen Platz mit Blick auf das „Red Valley“ und genießen einen wunderschönen Sonnenuntergang.

Als wir am nächsten Morgen aufwachen, sehen wir um uns herum lauter Heißluftballons aufsteigen – das war einer der Gründe, wieso wir uns so auf die Zeit in Kappadokien gefreut haben. Es ist wirklich magisch, sein Zelt aufzumachen und inmitten von über 100 Ballons zu sein! Die Preise für eine solche Ballonfahrt haben sich dafür gewaschen und waren uns mit 150 – 250€ eindeutig zu hoch.

Nach dem schönen Erwachen bemerken wir wieder, dass diesmal sogar 3 unserer Reifen den hundsgemeinen Dornen zum Opfer gefallen sind und so verbringen wir erstmal 3 Stunden mit Reifenflicken. Als wir fertig sind, fahren wir mit unseren Rädern ein bisschen herum, erkunden die Gegend und besteigen einen kleinen Felsen-Turm. Abends suchen wir uns wieder einen super schönen Schlafplatz, der diesmal noch näher an den Ballon-Startplätzen liegt.

Als wir am nächsten Morgen um 5:30 Uhr aufwachen, ist jedoch nirgends eine Spur von Ballons zu entdecken und enttäuscht stellen wir fest, dass es zu windig war und der Start deshalb gecancelt wurde. Wir genießen trotzdem die unglaubliche Landschaft und gehen ein bisschen durch die Täler wandern, inmitten der Steine, Höhlen und kleinen Kirchen, die dort von Christen im 12. Jahrhunder gebaut wurden. Die Landschaft Kappadokiens entstand durch Lava, die dort vor Millionen von Jahren in die Luft geschleudert und in den folgenden Jahren von Flüssen und Seen ausgehölt und geformt wurde. Das Gestein dort sieht wirklich so aus, als ob Wasser sich seinen Weg nach unten gebahnt hat – und das ist ja auch so passiert! Es fühlt sich also fast ein bisschen wie im Traum an, durch diese märchenhafte Landschaft zu wandern.

Am nächsten Tag wollen wir schließlich eigentlich weiter, obwohl wir wissen, dass die Ballons wieder nicht starten werden – es war einfach zu windig. Also sind wir wieder um 5:30 aufgestanden, haben unsere Sachen gepackt und ein vermeintlich letztes Mal die Aussicht genossen – für ungefähr 1 Stunde. Irgendwann beschließen wir, doch noch einen Tag länger zu bleiben, um vielleicht noch einmal die Ballons sehen zu dürfen. Wir fragen ab Mittag also quasi stündlich in allen Agenturen, ob die Ballons am nächsten Morgen starten und bekommen jedes Mal ähnliche Antworten: Die Chancen stehen 50 zu 50. Gegen Abend ist es dann zu spät um noch weiterzufahren, und so bleiben wir noch eine Nacht. Ich bin schon wieder so aufgeregt, dass ich ständig aufwache um den (potentiellen) Start ja nicht zu verpassen, und um 5:15 Uhr hören wir tatsächlich, wie die Ballons aufgeblasen werden – diesmal direkt unter unserem Schlafplatz! Also packen wir schnell unsere Sachen, und als die Ballons um uns herum in die Luft steigen, ist es genauso magisch wie beim ersten Mal – ein bisschen surreal, kitschig und wunderschön!