Nachdem wir aus Bangkok herausgefahren sind, freuen wir uns über den ersten Luftzug, der uns seit Tagen streift. Schon nach 40 km treffen wir einen anderen Reiseradler aus China, mit dem wir ein, zwei Tage gemeinsam fahren – fast den einzigen während unserer ganzen Zeit in Thailand. Wir kommen an endlos langen Salzfeldern vorbei, an denen die Menschen in der prallen Sonne Berge von Salz herumtragen. Nach nur einem Fahrtag sehen wir endlich auch die Grundlage für den Salzabbau: Das Meer!

Beinahe eine ganze Woche fahren wir am Golf von Thailand entlang und entgegen unserer Erwartung sind wir fast die einzigen Touristen hier. Wir verbringen unsere Mittagspausen in Hängematten an leeren Stränden, holen uns jeden Tag mittags etwas Leckeres zu essen und fahren vor allem in den frühen Morgen- und späteren Nachmittagsstunden. Die ersten Tage fühlen sich wie ein Traum an. Unser erster Teil der Reise (also 2020) scheint so nah, alles ist immer noch vertraut und doch anders.

Anders zum Beispiel, weil wir bei dieser Reise mehr Geld zur Verfügung haben. Dadurch, dass die Zeit so begrenzt ist und Jonas weiterhin Gehalt bekommt, stehen uns finanziell andere Möglichkeiten offen. Und so entscheiden wir uns, einen Tauchkurs auf Koh Tao, einer kleinen Insel im Golf von Thailand, zu machen. Mit dem Speedboat brettern wir vom Festland aus über die Wellen und als wir nach zwei Stunden Fahrt auf Koh Tao ankommen, fühlen wir uns plötzlich wie in einer anderen Welt. Hier sind all die Touristen, mit denen wir in Thailand gerechnet haben, und alles ist auf sie ausgelegt. Den ganzen Strandabschnitt entlang reiht sich eine Tauchschule an die andere, nur unterbrochen von Restaurants und Cafés mit Strandblick. Das ist das Thailand, das wir von Bildern und aus Instagram kennen. Wir sind im ersten Moment etwas überfordert und fühlen uns fast wieder wie in Europa. Wir brauchen ein paar Tage bis wir es schaffen, uns auf die Insel einzulassen, die sich für uns wie ein Freizeitpark anfühlt, der mit allem aufwartet, was das (westliche) Touristenherz begehrt. Dann genießen wir die Zeit dafür umso mehr. Das Tauchen ist ein ganz eigener Kosmos, von dem wir vorher keine Ahnung hatten. Aber schon nach zwei Tagen befinden wir uns wie selbstverständlich in 18 m Tiefe, mit einem Bleigurt um die Hüften und dem Atemregler im Mund. Immer wieder schauen wir uns an und signalisieren uns, wie fasziniert wir von der Unterwasserwelt sind. Wir finden uns in Fischschwärmen wieder, sehen Oktopusse, Feuerfische und Hummer und auch die ein oder andere Muräne schaut uns feindselig an.

Nach unserem vorletzten Tauchgang komme ich selig wieder an der Oberfläche an und gebe unserem Tauchlehrer einen High-Five. Jonas macht das gleiche und schaut mich zehn Sekunden später grinsend an: „Ich hab gerade meinen Ehering verloren, ich hab ihn noch fallen sehen“, grinst er mich an. Erst denke ich, er macht einen (schlechten) Witz, aber es ist sein voller Ernst. Bestürzt schaue ich nach unten ins Meer, aber natürlich ist von dem Ring keine Spur mehr zu sehen. „Der ist weg, den hat jetzt das Meer“, zuckt auch unser Tauchlehrer mit den Schultern. Innerhalb von 10 Sekunden ist unser Tauchkurs also noch einmal erheblich teurer geworden, denn natürlich finden wir den Ring nicht mehr, obwohl wir sogar noch einmal in 25 m Tiefe danach suchen.

Neben den Tauchgängen und verlorenem Ehering treffen wir uns immer wieder mit unseren Mittauchern in Restaurants und leben für ein paar Tage den Backpacker-Lifestile (inklusive Übernachtung im 10-Bett-Schlafsaal). Es ist schön, sich in der kleinen Reiseblase aufzuhalten und sich mit den anderen auszutauschen. Nachdem wir auch noch den Fortgeschrittenen-Kurs absolviert haben, fällt es uns schwerer als gedacht, die Insel wieder zu verlassen. Mit einer Nachtfähre (und diesemal einem 30-Bett-Schlafsaal) fahren wir zurück ans Festland.

Dort geht unsere Touri-Tour weiter. Alle zwei Tage halten wir in einem Nationalpark, denn von denen hat Thailand wirklich einige zu bieten. Wir übernachten auf einem künstlich angelegten Stausee und bestaunen die Kalksteinfelsformationen, gehen noch einmal Tauchen und verbringen einen Tag Schnorcheln auf den Similan Islands, einem Marine-Nationalpark mit unglaublich klarem, blauem Wasser und puderfeinen weißen Sandstränden. Uns begegnen hier sogar zwei Meeresschildkröten, mit denen wir durch Schnorchelbeine hindurch durch das Wasser gleiten (die sind echt schneller als man denkt). Mit Sonnenbrand auf dem Rücken (irgendwann musste es ja passieren) und bester Laune fahren wir schließlich weiter.

Tagsüber bleibt uns die gute Laune auch erhalten, aber die Nächte werden immer schlimmer. Die Temperaturen klettern auf über 40° und nachts kühlt es so langsam ab, dass es in unserem Zelt sicher noch 35° hat. Fluchend wälze ich mich hin und her und so kommt es uns ganz gelegen, dass wir nach fast jeder Nacht im Zelt einen Pausetag einlegen und die Nacht im Hotel mit Klimaanlage verbringen. Trotzdem lassen wir uns das Zelten nicht nehmen – das gefühlt letzte bisschen Abenteuer, das wir uns in diesem wunderschönen, aufs Touristenherz ausgelegte Land suchen.