Als wir von Vietnam die Grenze überqueren, verändert sich die Landschaft schlagartig. Die grünen Reisfelder aus Vietnam sind wirklich exakt ab dem Grenzstein verschwunden. Trockene, braune Felder dominieren ab jetzt das Landschaftsbild und auch die Straße ist nicht mehr asphaltiert, sondern streckenweise erdig und staubig. Es gibt hier keinen Grenzort und wir sind froh, ein bisschen Geld vor der Grenze gewechselt zu haben. Als wir durch die immer steileren Berge fahren, läuft der Schweiß (unser neuer fast ständiger Begleiter). Aber es ist auch so herrlich ruhig. In Vietnam war der Verkehr echt verrückt, überall Rollerfahrer! Und statt zu bremsen haben sich die meisten Fahrzeuge ihren Weg dort einfach freigehupt. Wir genießen die Ruhe sehr und fahren unsere ersten laotischen Kilometer. Als wir durch die ersten kleinen Dörfer fahren, winken uns die vielen, vielen Kinder alle strahlend zu und rufen „Sabaidee“, mit langem iii am Ende.

Braune Felder überall

Nach einer idyllischen Nacht neben Wasserbüffeln und einer erfrischenden Dusche im Fluss kommen wir am nächsten Tag in die erste „Stadt“. Hier gibt es den ersten Geldautomaten und man kann Höhlen besichtigen. Weil wir eh schon hier sind, beschließen wir, die Höhlen schnell mitzunehmen und holen uns einen Audioguide. Zusätzlich gibt es dazu auch noch einen Führer, der uns durch die laotischen Höhlen führt. Es sind allerdings keine schönen Tropfsteinhöhlen, sondern mit Dynamit herausgesprengte Schutzhöhlen. Während des Vietnam- oder Indochina-Kriegs wurde Laos nämlich massiv bombadiert. Die laotische Bevölkerung hat deshalb in zahlreichen Höhlen Schutz vor den täglich fliegenden Bomben gesucht. Wir hatten keine Ahnung, aber auf Laos wurde mehr Sprengstoff abgeworfen, als auf ganz Europa während des Zweiten Weltkrieges zusammen. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl ist Laos damit das am meisten bombadierte Land der Welt! Unser Guide zeigt uns Schlafsäle, Küchen, Notfall-Toiletten (= ein Loch im Boden der Höhlen) und erzählt uns, dass auch seine Mutter jahrelang in so einer Höhle gelebt hat. Bis heute leiden die Laoten unter den Folgen der Bombadierung, weil immer noch so viele Landminen und unexplodierte Bomben im Land verteilt sind. So viele Kinder und Tiere wurden dadurch verletzt oder getötet und es ist schwierig, neues Ackerland zu erschließen oder in den Dschungel zu gehen. Unser kurzer Höhlen-Ausflug hat sich so zu einer dreistündigen Tour entwickelt, aber wir haben so viel Neues gelernt!

Wohnen in Höhlen – jahrelang…

Die nächsten Tage verbringen wir damit, immer steilere Berge hoch und runterzufahren. Wir sind sehr froh, dass wir in Vietnam noch Snacks gekauft haben, denn die laotische Nahrungsversorgung gestaltet sich für uns ein bisschen schwierig. Restaurants finden wir fast keine (nur einmal, dort haben wir kalte Suppe bekommen und hätten uns fast Sorgen um die Lebensmittelsicherheit gemacht, wenn die Suppe nicht so scharf gewesen wäre) und auch die kleinen Läden verkaufen hauptsächlich winzig abgepackte Kekse oder ähnliches – alles Sachen, die ich nicht essen kann. Wir fühlen uns ein bisschen in der steilen Bergwelt gefangen und beginnen deshalb, zweimal am Tag zu kochen – mittags und abends – damit wir die Kraft haben, weiterzukommen. Zudem ist Laos auch eines der Länder mit der schlechtesten Wasserversorgung, die wir bisher kennengelernt haben. In dichter besiedelten Gebieten finden wir meistens gefiltertes oder abgekochtes Wasser, das wir den Einheimischen abkaufen (Laos ist das erste Land, in dem jeder unser Geld für Wasser gerne nimmt). Als wir aber eine abgelegenere Bergkette überqueren, finden wir nur noch abgekochtes Wasser, das vielleicht Tee ist (auf jeden Fall schwimmt irgendetwas darin herum), für uns aber hauptsächlich nach extrem viel Rauch schmeckt und das ich fast nicht herunter bekomme. Wir bemühen uns deshalb, möglichst schnell in unsere erste richtig große Stadt zu kommen, und fahren an einem Tag über 2000 Höhenmeter auf unbefestigter Staub- und Steinstraße. Als wir abends an einem Flusstal ankommen, sind wir zwar komplett erschöpft aber gleichzeitig auch so erleichtert, wieder gefiltertes Wasser, Obst und Gemüse zu finden.

Staub-Straßen ganz für uns alleine!
Ist aber auch ziemlich anstrengend 😰

Als wir nach 9 1/2 Fahrtagen aus Hanoi endlich in Luang Prabang ankommen, sind wir kräftemäßig ziemlich am Ende. Jeder Schritt tut weh und wir freuen uns einfach nur auf ein Bett. Die erste Nacht stellt sich dann leider als ziemlich unruhig heraus, weil so viele Mücken in unserem fliegengitterlosem Zimmer sind, dass wir um halb 5 irgendwann unser Zelt auf dem Bett aufbauen und darin endlich ein paar Stunden schlafen. Die nächsten beiden Tage nutzen wir, um die faszinierenden Tempel der Weltkulturerbe-Stadt anzuschauen und den bekanntesten Wasserfall Laos zu besuchen. Wegen des Corona-Virus ist überall viel weniger los als üblich – viele Touristen bleiben zuhause. Wir entscheiden außerdem, Laos auf direktem Wege wieder zu verlassen, um weitere Versorgungs-Engpässe auf schlechten aber steilen Straßen zu vermeiden. Als wir dann auf der perfekt asphaltierten Straße (hier hat Thailand gebaut!) Richtung Grenze fahren, denken wir viel über das Leben in Laos nach. Die von Touristen und Restaurants bevölkerte Innenstadt Luang Prabangs steht in so krassem Gegensatz zu dem einfachen Leben der Bergdörfer, wie wir es vorher selten gesehen haben. Schulbusse gibt es keine und wir sehen viele Kinder, die kilometerweit in die Schulen laufen. In fast jedem Dorf gibt es einen Brunnen, an dem sowohl Klamotten als auch Körper gewaschen werden. Wasser ist dieses Jahr in der ganzen Region sehr kostbar, weil es in vielen Orten seit Ewigkeiten nicht geregnet hat. Weder in der Trocken-, noch in der Regenzeit.

„Sabaideeeee!“

Bis zum Schluss werden wir mit strahlendem „Sabaideeee“ von den Kindern gegrüßt. Und davon gibt es viele, die manchmal schon im Alter von unter 10 ihren Eltern in der Landwirtschaft helfen müssen oder die 9 Geschwister haben, weil viele Leute nicht wissen, wie man schwanger-werden kontrollieren kann. Manchmal bricht es uns das Herz, so viele so dünne Kinder zu sehen, die auf uns zurennen und winken. Wir versuchen, immer zurückzuwinken und kein Kind zu übersehen. Als wir nach zwei einhalb Tagen mit über 4000 Höhenmetern an der thailändischen Grenze ankommen, gönnt sich Jonas um 8 Uhr morgens noch ein laotisches Bier, bevor wir Laos verlassen. Zurück bleibt die Erinnerung an so viele freundliche Menschen, denen wir selbst auf den steilsten Bergen begegnet sind.

Wer früh aufsteht bekommt auch viel zu sehen 😍
So steil 😥
Super schöne Tempel – Danke, Laos!