Unsere Zeit im Iran ging langsam zu Ende. Der letzte Teil wurde wieder karg – und windig.

Aus dem Golestan-Nationalpark ging es rauf in die Berge. Der landschaftliche Wechsel konnte drastischer nicht sein: weicher Wald wurde innerhalb weniger Kilometer von Steppe abgelöst. Bäume wichen den Bergen, Reisfelder den Felslandschaften. Und mit der Kargheit kam auch unser alter Vertrauter wieder zurück: der Wind.


Zurück im Gebirge

Während wir an einigen Tagen wirklich Glück haben, sind andere wieder so schlimm, dass wir die Hoffnung verlieren. Uns setzt auch unter Druck, dass uns nur noch wenige Tage im Iran bleiben und wir unsere Kraftreserven vor dem anstehenden Teufelsritt durch Turkmenistan auffüllen müssen. An einem Tag mit konstant 35 km/h Gegenwind (wir kommen mit viel Anstrengung auf 8 km/h Reisegeschwindigkeit) geben wir verzweifelt auf. Bisher hatten wir es ohne fremde Unterstützung durch den Iran geschafft. In einem Akt der Verzweiflung wollten wir eigentlich bei niedrigeren Windgeschwindigkeiten 160 km durch die Nacht fahren. Doch als uns ein freundlicher Pickup-Fahrer fragt, ob er uns mit nach Maschhad nehmen soll, nehmen wir kurzerhand seine Hilfe in Anspruch und ersparen uns so einen verlorenen Tag, einen zerstörten Biorhythmus und vermutlich schlimmere gesundheitliche Rückschläge.

In Maschhad verbringen wir dann 3 Tage und erholen uns von den zurückliegenden Wochen. Ein Deutschlehrer vermittelt uns zu einem super netten Host. Der beherbergt uns wie einen Teil seiner Familie. Wir dürfen mitessen, schlafen im Zimmer seines Sohnes und dürfen sogar alleine im Haus bleiben und uns entspannen, während die anderen auf eine Party gehen.

An einem Tag besuchen wir den Schrein des Imam Reza. Für schiitische Muslime ist das, nach Mekka, der zweitheiligste Ort. Und genauso wird er eigentlich auch bewacht: Kameras müssen wir abgeben, wir werden durchsucht und müssen beweisen, dass unsere mitgebrachten Flüssigkeiten kein Sprengstoff sind. Sina muss einen Ganzkörperumhang (einen Tschador) tragen und fühlt sich sehr unwohl. Obwohl wir eigentlich als Nicht-Muslime nicht ohne Probleme in das Heiligtum dürfen, kommen wir aber dank unserer beiden einheimischen Führer sogar bis ganz nah an die Grabstätte selbst. Hunderte Menschen drängen sich vor dem Grab, die Männer natürlich strikt getrennt von den Frauen, viele weinen. Die Räume sind übervoll getäfelt mit Spiegeln. Überall wird gebetet und im Koran gelesen. Heiliges Wasser wird getrunken. Die Sonne brennt. Eine elektrisierende aber auch gleichzeitig beklemmende Atmosphäre für uns Fremdlinge an diesem heiligen Ort.

Der gesamte Komplex ist riesig und wir sind froh, als wir wieder draußen an der frischen Luft sind, Sina ihren Tschador ablegen darf und wir nicht mehr mit der ständigen Angst leben müssen, als Ungläubige enttarnt zu werden.

Von Maschhad aus geht es für uns wegen drohendem Gegenwind in 2 statt 3 Tagen an die turkmenische Grenze. Auf dem Weg besuchen wir noch eine 800 Jahre alte Karawanserei. Ab jetzt bewegen wir uns nämlich auf dem zentralen Teil einer Jahrtausende alten Handelsroute, der sogenannten Seidenstraße. Auf ihr kamen ostasiatische Güter nach Europa und europäische Waren nach China. Dementsprechend waren Karawansereien, wie der Name vermuten lässt, quasi Tankstellen für antike und mittelalterliche Transporteure. Hier konnten Kamele ausgetauscht, Karawanenführer abgelöst und Waren weitergegeben werden.

Unsere Zeit im Iran ging zu Ende. Wir blicken zurück auf über drei Wochen voller Abenteuer, unvergleichliche Gastfreundschaft, zahlreiche neue Freunde und ein nachhaltig verändertes Bild eines Landes, das wir vorher so überhaupt nicht gekannt hatten.

Allerdings sind wir auch froh, weiter zu ziehen: Die Unterdrückung von religiösen und sexuellen Minderheiten, die drakonischen Strafen und die überall offensichtliche Unfreiheit der Menschen bedrückten uns und rührten uns auch teilweise zu Tränen. Wir wünschen unseren neuen Freunden im Iran nichts mehr als die Freiheit, von der sie so oft reden und die wir, als privilegierte Westler, gerade genießen dürfen. Mach’s gut, Iran!


Wir ziehen weiter – tschüss, Iran!